Hier sammle ich Artikel über Online Kurse, von einem Blog, den ich mal inne hatte.
Hast Du Dir diese Frage schon mal so gestellt? Vermutlich stellst Du sie Dir in leicht anderer Form: was passt besser zu mir, wo bringe ich meine Schüler wirksamer voran: in einem Präsenz-Seminar oder in einem Online-Kurs? In diesem Artikel erfährst Du, warum Trainer zu der einen oder der anderen Sorte von Unterricht tendieren und wie diese Neigung oft eine Frage der Persönlichkeit ist. Darüber hinaus beantworte ich Dir die im Titel gestellte Frage zuerst theoretisch und anschliessend gibt es praktische Beispiele dazu. Neugierig? Dann freue ich mich, wenn Du in meinen Artikel hinein liest.
Bei der Frage handelt es sich um die Aufgabenstellung einer Blogparade von Anja Röck, einer Expertin fürs E-Learning, die seit 2015 jährlich den e-Trainer-Kongress ausgerichtet.
Als Mathematikerin hat mich ihre konkrete Aufgabenstellung sofort angesprochen. Was macht eine Mathematikerin mit einer solchen Frage? Sie orientiert sich an ihrer Intuition. Dann stellt sie eine These auf und beweist diese. Im Anschluss habe ich für Dich noch eine Menge Beispiele aus dem realen Leben anderer Trainer zusammengestellt, die Dir helfen sollen, selbst zu einer Einsicht zu gelangen, welche Unterrichtsform für Dich das Richtige ist.
Ich bin keine Trainerin, höchstens eine Hobbytrainerin. Trotzdem verfüge ich sowohl online als auch in der Präsenz über Unterrichtserfahrung, die aus gelegentlichen Mathenachhilfestunden, Programmier-Vorträgen und einem Online-Kurs bestehen. Online fühle ich mich ganz klar wohler und sicherer. Besonders hilft mir online, die asynchrone Arbeitsweise, bei der ich so viel Zeit, wie ich brauche, zum Reagieren habe. Ausserdem kommt mir das Schriftliche sehr entgegen, da ich ein visuell veranlagter Mensch bin, der oft Mühe hat, Dinge rein durchs Hören aufzunehmen.
Bei Präsenzvorträgen habe ich deshalb in der Regel Panik vor den Fragen am Ende. Ich hoffe dann immer, dass jemand aus dem Publikum sie spontan beantworten kann. Ich selbst müsste dann nämlich eigentlich sagen: „Kannst Du es mir bitte aufschreiben“, dann würde ich idealerweise 10 Minuten an einen ruhigen Ort damit gehen und danach wieder kommen und meine Antwort präsentieren. Aber natürlich geht das im realen Leben nicht. So enden meine Vorträge dann oft damit, dass ich verlegen vorne am Projektor stehe, und darauf hoffe, dass die Fragerunde bald vorüber ist.
Mit diesen Erfahrungen im Gepäck war meine Intuition sofort da:
Schlechte Präsenztrainer, können gute Onlinetrainer sein.
Das ist es, was ich hier für Dich beweisen will. Am Ende erfährst Du dann noch, was ich im Gespräch mit anderen Trainern erfahren habe. Wie schätzen sie sich selbst in dieser Hinsicht ein: Auf welchem Terrain sind sie als Trainer „besser“?
Jetzt erfährst so ganz nebenbei in diesem Artikel, wie Mathematiker vorgehen, wenn sie etwas beweisen wollen. Da das komplex ist, will ich Dir lieber vorher erklären, wie ich das mache.
Ein Grundprinzip in der Mathematik ist, dass man immer genau wissen möchte, worüber man spricht. Deswegen steht oft am Anfang eine Definition. Hier in unserem Fall müssen wir präzisieren, was „gut“ oder „schlecht“ im Kontext von Trainern heisst.
Anschliessend versuchen Mathematiker zu vereinfachen. Sie überlegen Hilfssätze, um die Komplexität des untersuchten Problems zu reduzieren. Vielleicht reicht es ja, eine Untermenge von Trainern zu betrachten. Im Grunde wäre der Fall ja schon gelöst, wenn wir nur ein einziges Beispiel hätten: einen Trainer, der in der Präsenz schlecht aber online gut ist. Bin ich das? Aber ich bin nicht wirklich ein Trainer. Beginnen wir also mit der allgemeinen Betrachtung:
Wie ich Dir bereits erklärt habe, müssen die Begriffe „schlecht“ und „gut“ in Bezug auf Trainer präzisiert werden: „schlecht“ ist einfach das Gegenteil von „gut“. Aber was macht einen guten Trainer aus?
Beim Training gibt es zwei Komponenten: das Wissen und den Wissenstransfer oder auch die Fachkompetenz und die Pädagogik. Beides muss stimmen, damit das Training erfolgreich ist.
Damit haben wir jetzt nicht nur den Begriff „gut“ erklärt, sondern wir haben gleich auch noch zwei Teilaspekte gefunden, die wir nun getrennt voneinander betrachten können.
Fachkompetenz ist notwendig für einen guten Trainer, sie hängt aber nicht von der Unterrichtsform ab. Es reicht deshalb, die Pädagogik zu betrachten. Die Fachkompetenz setzen wir einfach voraus.
Das ist es, was wir nun beweisen müssen:
Wir betrachten fachlich kompetente Trainer: Auch wenn sie im Präsenzuntericht versagen, können sie gute Online-Pädagogen sein.
Wir haben bis jetzt den Begriff Pädagogik unreflektiert verwendet. Jetzt müssen wir genauer betrachten, was dahinter steht:
Pädagogik kann man als eine besondere Art der Kommunikation ansehen. Sie hat das Ziel Wissen zu vermitteln. Es findet ein Gedankenaustausch zwischen Trainer und Schüler statt, der meist eine Feedbackschleife umfasst: Der Trainer erklärt, der Schüler gibt Feedback, ob, und was er von dem Erklärten verstanden hat. In einer Kette von Reaktionen und Gegenreaktion entwickelt sich dabei unter günstigen Bedingungen ein Know-how-Transfer.
Wenn es bei der Pädagogik um Kommunikation geht, dann erfolgt diese natürlich nicht im luftleeren Raum, sondern sie ereignet sich eingebettet in Kanäle. Im Präsenzunterricht sind es Sinneskanäle. Online kommt die Technik ins Spiel. Bei dem Wort Kanal denkt man sofort an Kanal-Störung und ich würde auch behaupten, dass es so etwas wie eine Kanal-Kompetenz gibt.
Wenn wir zurück auf mein Vortrags-Beispiel sehen, dann ist meine auditive synchrone Kanalkompetenz schwach, während ich etwa mit asynchroner visueller Kommunikation gut zurechtkomme.
Wissenstransfer funktioniert nur, wenn die Kanäle, auf denen die Kommunikation zwischen Trainer und Schüler stattfindet, für beide Seiten zugänglich sind, beziehungsweise von beiden Seiten beherrscht werden. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass ein gestörter Kanal durch einen intakten redundant ersetzt wird. Etwa ein normaler Präsenzseminar kann auch für blinde Schüler funktionieren, wenn der Trainer redundant zum Tafelbild die Anleitungen durch gesprochene Worten begleitet, die das Tafelbild auch dem blinden Schüler erklären.
Bereits aus meinem eigenen Beispiel geht hervor, dass Menschen sich bezüglich ihrer Kanalkompetenzen unterscheiden. Und natürlich gilt das auch für Trainer. Es kann hier, genau wie auf der Schülerseite, regelrechte Ausfälle geben: blinde Trainer, Trainer mit Hör- oder Sprachstörung oder auch mit Phobien aller Art.
Das Besondere am Internet ist, dass es so viele Kanäle und Möglichkeiten gibt, miteinander zu kommunizieren. Auch Redundanz ist hier viel einfacher zu realisieren. Im Grunde könnte ein Trainer Podcasts für Blinde neben Texten für Gehörlose anbieten, und zwar so, dass immer auch die Möglichkeit besteht, sich auf das ein oder andere Medium zu beschränken. Asynchroner Unterricht fängt Langsamkeit auf. Online können viele Einschränkungen von Lernenden und Lehrenden überwunden werden.
Aus meiner Sicht ist Seminarunterricht nichts weiter als eine Kombination von Kanälen, und zwar ein besonders intensiver Mix, bei dem alle Sinne, Sehen, Hören, notfalls sogar Fühlen, Schmecken und Riechen im Prinzip herangezogen werden können. Im Gegenzug muss die Kommunikation zeitnah erfolgen und die Schüler stehen dabei quasi in Konkurrenz zueinander. Für den Seminarleiter bedeutet das Multitasking. Er muss viele Bedürfnisse auf einmal erfüllen, und das in einem begrenzten Zeitfenster, hat aber dafür alle seine Sinne im Einsatz.
Die meisten Menschen kommen mit dem Seminarunterricht zurecht, schon weil wir diese Unterrichtsform aus der Schule gewohnt sind. Trotzdem wird sie von einigen Trainern als äusserst anstrengend empfunden. Ich kenne kein reales Beispiel, aber es lässt sich gut vorstellen, dass es Störungen gibt, die Präsenzunterricht ganz ausschliessen. Spontan fällt mir da etwa eine Sozialphobie ein. Das heisst aber nicht, dass diese Trainer nicht auf einem anderen Kanal, etwa online über E-Mails, sehr effektiv mit ihren Schülern arbeiten können.
So sagt man in der Mathematik, wenn man etwas bewiesen hat, „quod errat demonstrandum“ -was zu beweisen war. Wir haben also jetzt wie angekündigt gezeigt:
Ein schlechter Präsenzpädagoge kann ein guter Online-Pädagoge sein.
Was sollst Du mit dieser Aussage jetzt anfangen? Es soll Dich einfach darin bestärken, dass online ganz neue Möglichkeiten für Dich offen stehen. Selbst wenn Du als Präsenztrainer Schwächen hast: Online gibt es die Möglichkeiten diese Hürden zu überwinden. Das gilt übrigens auch für die Schülerseite. Du hast online das Potenzial wirklich andere Menschen zu erreichen. Denn auch bei den Schülern gibt es solche, für die der Präsenzunterricht schlicht nicht taugt.
Diese Frage habe ich einer Gruppe von Online-Trainern gestellt. Ich wollte herausfinden, ob es tatsächlich diese Präferenzen gibt und auch die Selbsteinschätzung, dass jemand die ein oder andere Unterrichtsform wirklich besser beherrscht.
Diese Aussage kam von Marit Alke, einer erfahrenen Trainerin von Trainern, die es wissen muss. Sie ist schon lange in der Trainerausbildung tätig. Anfangs hat sie Seminartrainer betreut. Beim Versuch diese auch für Online-Kurse zu gewinnen, wurde sie mit starken Widerständen konfrontiert. Ihrer Meinung nach war es die Persönlichkeitsstruktur, die den Trainern diesen Umstieg so schwer machte.
Marits Meinung nach sind Präsenztrainer oft extrovertiert. Sie bewegen sich gerne in grossen Gruppen, haben keine Mühe damit viele Reize auf einmal aufzunehmen und stehen auch gerne mal im Mittelpunkt
Marit sieht sich selbst als introvertiert. Und der Präsenzunterricht hat sie oft stark ermüdet, der Online-Unterricht dagegen fühlt sich für sie stimmig an.
Natalie Schnack coacht introvertierte Solounternehmer. Ihrer Meinung nach geht es vor allem um den Kräftehaushalt bei Introvertierten: Möglich ist vieles, aber es geht darum eine Unterrichtsform zu finden, die dauerhaft zu einem passt.
Online-Kurse zu bauen erfordert viel Geduld und Durchhaltevermögen. Wie bei einem Buch muss man fachlich in die Tiefe bohren und man muss oft mit wenig Feedback auskommen, auch das passt besser zu introvertierten Menschen, die gerne allein sind, lieber die Sache als sich selbst in den Mittelpunkt stellen, und Menschenmassen vermeiden.
Aber letztlich sind die Präferenzen individuell. Jeder muss für sich selbst herausfinden, was für ihn am besten passt. und so sind die Selbsteinschätzungen in meiner befragten Gruppe von Trainern höchst unterschiedlich. Da gibt es noch Christine Winter, introvertiert, aber dennoch ein grosser Fan von Live-Unterricht, oder Joachim Reinke und Christine Radomsky, die beide Unterrichtsarten gleichermassen schätzen. Nico Kleinfeld wirft ganz richtig ein, dass auch die Technikaffinität eine Rolle spielt, während Claudia Kauscheder als introvertierte Online-Kurs-Liebhaberin dann doch wieder in das gerade dargestellte Schema passt.
Man sollte nicht vergessen, dass auch Online-Unterricht viele Spielarten hat. Hybriden Unterricht, eine Mischform zwischen Online- und Seminarunterricht, habe ich bisher noch gar nicht erwähnt. Und Webinare teilen das synchrone Element mit dem Präsenzunterricht.
Ich zitiere hier im Schlusssatz mal Natalie Schnack:
„Es geht .. hier nicht darum was im Einzelfalle … gefällt oder nicht. Es geht darum, was dauerhaft der eigenen Persönlichkeitsstruktur nahe ist …“
Möglich ist vieles, aber was schont Deine Kräfte, was macht Dir Spass und wo fühlst Du Dich besonders effizient? Ich wünsche Dir, dass Du die beste Unterrichtsform für Dich findest, und bin gespannt auf auf Deinen Kommentar: Welche Unterrichtsform liegt Dir besonders und warum ist das so?
Zum Abschluss möchte ich noch meinen Dank an Marit Alke und ihre Facebook-Gruppe ausdrücken für ihre rege Beteiligung bei meiner Datensammlung für diesen Artikel. Hier findest Du eine Aufzählung aller Mitwirkenden:
Dieser Artikel ist ein Beitrag für die Blogparade von Anja Röck. Bei ihr möchte ich mich für die herausfordernde Fragestellung bedanken. Es mir grossen Spass gemacht, die Frage zu durchdenken und nach einer Antwort darauf zu suchen.